Rezension "Totensonntag"

von Necroweb

Was kommt dabei heraus, wenn man Renaissancemusik und Metal verbindet? Richtig, der Sound von Cumulo Nimbus, die das Genre des Renaissance-Metal geprägt, um nicht zu sagen, erfunden haben. Mehrstimmige Kompositionen, die in der europäischen Renaissance wurzeln, historische Instrumente und Heavy Metal der 80er Jahre verschmelzen laut Pressetext auf dem dritten Album "Totensonntag" zu einem hörbaren Ganzen. Wie der Titel des Werkes schon erahnen lässt, geht es auch textlich in die Gefilde der deutschen Romantik. Hauptthema, zumeist metaphorisch, ist somit der Tod und es wundert nicht, dass bereits das Intro Auszüge eines Orgelspiels nach Bachs BWV 1001 enthält. Dieses führt unter dem Namen "Dämmerung" mit Samples von Gewitter, knirschenden Türen, Kirchengeläut und verhallenden Schritten in das Gesamtwerk ein und bildet einen atmosphärischen Beginn, der durch das absolut eingängige und für mich bereits erste Highlight "Carpe Noctem", ebenfalls inspiriert von Johann Sebastian Bach, abgelöst wird. Eine gute Melodie, die bei so manch einer Mittelaltercombo nicht besser zu finden ist, wird unter anderem durch den außergewöhnlichen Gesang mit rollendem "R" und dominanten E-Gitarren hervorgerufen. Ebenso erklingen Flöten und Violinen, während das Schlagzeug perfekt inszeniert das Tempo mitbestimmt. Mit harten Gitarren startet man in "Knochenmann". Erinnert der Gesang zunächst an Rammstein, verfliegt dieser Eindruck ziemlich schnell. Spätestens als das Lied an Melodie gewinnt und die Frauenstimme einsetzt, welche für meinen Geschmack zu leise daherkommt, ist ein Vergleich mit genannter Band nicht mehr zu rechtfertigen und zeigt einmal mehr, dass Cumulo Nimbus etwas ganz Eigenständiges ist. Ein kurzes Violinensolo und längeres Gitarrenspiel im Mittelteil leiten auf den ruhigeren Part des Liedes über, bevor es dann erneut blasphemisch und hart zur Sache geht. Ein sehr abwechslungsreiches Stück. Der Titeltrack wird musikalisch seinem Namen gerecht, indem tiefer gestimmte Gitarren und stampfende Drums einleitend ertönen. Schwere und düstere Streichersätze in Moll vollenden das Lied. In den Strophen gesanglich noch ziemlich balladesk gehalten, harmonieren weiblicher und männlicher Gesang im Refrain auch in härteren Passagen. Sowohl ein instrumentales Zwischenstück als auch Tempo- und Rhythmuswechsel machen den laut Presseinfo von H. Purcell inspirierten Song interessant. Beim folgenden Track "Alte Mühle" bedient man sich des Gedichts "Das Zerbrochene Ringlein" von Jospeh von Eichendorff und verfremdet dieses leicht. Der gesprochene Anfang, fast schon als Vortrag zu bezeichnen, lässt erst nicht vermuten, dass es sich hierbei um den schnellsten Song des Albums handelt. Hartes Drum-Geknüppel und disharmonisch wirkende Violinen sorgen für die nötige Dramatik des Liedes. Eine Verschnaufpause bietet dann die Ballade "Blutrote Segel". Die keltisch wirkende Melodieführung ist akustisch angelegt und weibliche Vocals unterstützen den männlichen, ruhigen Gesang. Mit 5:13 Minuten zieht sich das Stück aber etwas. Die Stärke der Band liegt eindeutig auf rhythmischen Stücken mit Power, die zwar auch teilweise balladeske Elemente enthalten, dennoch nie langatmig und auf Dauer langweilig erscheinen wie dieses hier. Ruhig geht es auch mit dem Instrumental "Irrfahrt" weiter. Ob die Abfolge der Songs hier sinnvoll gewählt ist, darüber lässt sich streiten, jedoch leitet dieses Stück, welches die Melodie des folgenden Songs "Flüssig Gold" bereits anspielt, durch berstende Wellen gut vom Vorgänger und zum Nachfolger über. Dieser kommt als gut mitsingbares Trinklied beim Hörer an. Ebenfalls balladesker wird es wieder mit "Stadt Unter Wasser". Durch Instrumentalpassagen und versprühender Melancholie bleibt der Song durchgängig interessant und abwechslungsreich. "Erbarmen" beginnt zunächst noch akustisch und somit ruhig, trumpft dann aber mit harten Riffs und Doublebass-Attacken auf, bevor man mit "Aderlass" das Werk schnell und eindrucksvoll abschließt. Das Bonusvideo zu "Aderlass" - aufgenommen beim Celtic Rock 2009 - sorgt anschließend noch für Augen- und Ohrenschmaus und ist eine nette Zugabe auf dem Album. Cumulo Nimbus haben mit "Totensonntag" ein Album voller düsterer Emotion geschaffen. Eine runde Produktion und enorme Eingängigkeit machen die elf Stücke zu einem Hörerlebnis und liefern einige Highlights. Die Kombination aus Renaissance und Metal ist erfrischend anders. Selbst historische Instrumente wirken nicht verstaubt, sondern erklingen modern und rocken. Wo man nun genau Metal der 80er Jahre finden will, bleibt mir ein Rätsel, stellte ich mir darunter klanglich etwas anderes vor. Doch bin ich darüber nicht traurig, diesen nicht explizit ausmachen zu können, ist doch genug Metal vorhanden, welcher aber für 80er Verhältnisse einfach und zum Glück zu modern wirkt. Cumulo Nimbus ist für mich eine Neu-Entdeckung, die ich auf jeden Fall weiter verfolgen werde. Ohne Bedenken kann ich hier eine Kaufempfehlung aussprechen und denke, das Album und der Stil der Band werden ein breites Publikum (Freunde der Mittelaltermusik, Fans von traditionellem Metal-Riffing und viele mehr) ansprechen. Anspieltipps: Carpe Noctem, Totensonntag, Flüssig Gold, Stadt Unter Wasser Bewertung : 9 von 10 Punkten

Bewblackrose